Bei wohl kaum einem Modedesigner liegen Understatement und Knalleffekte so dicht beeinander wie bei Tom Ford. Der texanische Tausendsassa ist weltberühmt für perfekt sitzende schwarze Anzüge ebenso wie für überbordendes Bling-Bling. Seine eleganten Sonnenbrillen und Brillen sind durch die Bank Klassiker – und nebenbei ist er auch als Filmregisseur höchst erfolgreich. Nur wann dieser Mann eigentlich schläft, ist die Frage.
Von Texas nach Mailand
Zumindest diese Frage lässt sich aber sehr schnell beantworten: maximal drei bis vier Stunden, und falls Tom Ford nach Mitternacht noch von der Muse geküsst wird, hat er Post-Its unterm Kopfkissen liegen. Von nichts kommt eben nichts, das gilt in der schnelllebigen Modebranche noch mehr als anderswo.
Die Erfolgsgeschichte von Tom Ford hat deshalb wenig mit einem Märchen, sondern vor allem viel mit harter Arbeit zu tun. Von seiner Kindheit als designaffiner Junge, der schon mit zwölf Jahren seine Eltern um Gucci-Slipper anbettelte, legte Ford einen nahezu kometenhaften Aufstieg hin, der ihn in den Modeolymp gleich neben Star-Kollegen wie Giorgio Armani, Gianni Versace oder Calvin Klein beförderte. Letzterer ist übrigens sein großes Vorbild.
Doch von vorne: Geboren wurde Tom Ford als Sohn zweier Immobilienmakler 1961 in Austin, Texas, wuchs aber in Santa Fe, New Mexico, auf. Von dort zog es ihn nach New York, wo er zunächst Kunstgeschichte an der New York University studierte, dann jedoch zu Architektur und Design an der Parsons School of Design wechselte. Nach seinem Abschluss arbeitete er als Designer bei zwei amerikanischen Labels, wurde jedoch 1990 von Dawn Mellow, der damaligen Kreativdirektorin von Gucci, entdeckt und als Designer für Damenmode engagiert. Ein riesiger Karrieresprung für den jungen Ford, der dafür sicher mit Handkuss nach Mailand umzog.
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Die Gucci-Revolution
Gucci hatte zu dieser Zeit wenig mit dem allumfassenden Luxuskonzern von heute zu tun, vielmehr stand das Traditionslabel kurz vor der Pleite. Tom Ford jedoch hatte eine Vision, und diese verfolgte er höchst erfolgreich. Nur vier Jahre nach seinem Antritt unterstand ihm nicht mehr nur die Damenmode, sondern alle Produktlinien, das Store Design, das Corporate Image und die Werbekampagnen. Später kam auch die Verantwortung für das zu Gucci gehörende Label Yves Saint Laurent hinzu. Tom Fords untrügliches Gespür für das perfekte Foto und sein begnadeter Sinn für Ästhetik führten dazu, dass sich in seiner Zeit als Creative Director der Umsatz der Gucci-Gruppe von 230 Millionen Dollar im Jahr 1994 auf knapp 3 Milliarden Dollar im Jahr 2003 erhöhte. Ein wahrlich fulminanter Erfolg, der Tom Ford zur lebenden Legende machte.
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Befreiungsjahr 2005
2004 dann der Bruch: Tom Ford warf das Handtuch und verließ Gucci. Doch schon 2005 gründete er seine eigene Marke Tom Ford, kooperierte mit Marcolin für aufsehenerregende Brillen- und Sonnenbrillen-Kollektionen und machte sich in Zusammenarbeit mit Estée Lauder an eine eigene Beauty-Linie, die ebenso wie alles, was Ford anfasste, ein durchschlagender Erfolg wurde. Stores in New York, Mailand, Tokio oder am berühmten Rodeo Drive in Los Angeles (Foto) komplettierten das Gesamtpaket.
Fashion ist jedoch nicht die einzige Leidenschaft, die Tom Ford vorantreibt. 2005 war das ultimative Jahr der Neuerungen: Tom Ford machte sich nicht nur modisch selbstständig, er lernte seinen Lebensgefährten und späteren Ehemann Richard Buckley kennen – und er gründete seine eigene Film-Produktionsfirma Fade To Black. Sein erster Film A Single Man, den Ford mitschrieb, produzierte und inszenierte, wurde von der Kritik wie von den Fans als ästhetisches Meisterwerk gefeiert und brachte Hauptdarsteller Colin Firth eine Oscar-Nominierung ein. 2016 folgte der zweite Kinofilm Nocturnal Animals mit Amy Adams und Jake Gyllenhaal in den Hauptrollen.
Beruflich ist für Tom Ford also alles in Butter, er sammelt die Awards wie andere Bierdeckel, auch seine Eyewear-Designs wurden mehrfach ausgezeichnet. Auch auf privater Ebene sah lange alles gut aus, 2012 wurde der gemeinsame Sohn Alexander geboren, 2014 heirateten Tom Ford und Richard Buckley. 35 Jahre waren die beiden Männer ein Paar, bis Richard Buckley im September 2021 schließlich seinem langjährigen Krebsleiden erlag – nur wenige Tage, nachdem Ford für seine schillernde Disco-Glam-Show bei der New York Fashion Week gefeiert wurde.